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Wo die Seele Walzer tanzt

VOM SCHULHOF ZUM GARTEN: In üppigem Grün residiert der Obernseeser Künstler
Fritz Föttinger–Holunder und Farn statt „Blümlesgarten“ und Pflugscharen und Heuwagenräder
als Zierrat und ein Seelenwalzer für die Landesgartenschau in Bayreuth.

Aus einer alten Gartenhacke wird ein blauer Vogelkopf, eine Egge mutiert zum Landeplatz. In Fritz Föttingers Gartenreich geht es tierisch und wild zu. Fotos: Andreas Harbach

In Fritz Föttingers Eisenreich kommen alte Pflugscharen und Heuwagenräder zu neuen Gartenehren


VonGabi Schnetter
Gleich am Eingang tanzen Seelen einen Walzer. Eiserne Seelen. Genau genommen zwei Messerleisten eines alten Mähbalkens, wie es sie früher an Traktoren gab. Sie wenden sich einander zu. Die Köpfe hat Fritz Föttinger aus alten Pflugscharen geformt. Schwerter zu Pflugscharen, zu Köpfen. Eine blaue Winde schickt ihre langen Triebe empor und vereint die zwei Seelen zum Tanz. Seelenwalzer. In Kürze wird auf der Landesgartenschau in Bayreuth zu sehen sein, was derzeit noch den Vorgarten des Obernseeser Künstlers Fritz Föttinger schmückt. Föttinger, der Maler der Kindmenschen, der Gnome mit den großen Köpfen, lebt in seinem Garten sein anderes Ich.

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Das Orangerot der Kapuzinerkresse harmoniert mit dem warmen Braun rostenden
Eisens und durch die üppig tragende Quitte blickt der Kirchturm.

Mit Strohhut auf dem Kopf, gerne abschweifend und in Erinnerungen schwelgend, lacht er über den Wandel in der Gartenkultur. Er selbst hat es hautnah miterlebt, erzählt er. Die Versammlungen der Ortsverschönerungsvereine. Und – wie so vieles – in Prosa eingefangen. Die Zeit, als man noch anders dachte über Gärten. Als die Gärten besenrein sein mussten. Als Brennnesseln mit Stumpf und Stiel ausgerissen wurden. Föttinger nennt das dazu passende Gedicht:

Fremdenverkehr I:
Leid, wollnmadie
Heisa schee weiß oschdreing,
damit sich die Fremdn
wiedahaamfiehln.
Leid, wollnma
die Brennesselnarausreißn,
damits saubara aussichd.
Leid, und däd fei kanna
gelbnRuumvors Haus,
die gibds billicha aus da Bichsn.
Leid, Rosn und Rasn, des is vornehm.

Mit Rosen und Rasen allein konnte Föttinger dagegen noch nie etwas anfangen. „Ich moch kan Blümlesgarten.“Sein Garten, den er ab 1978 rund um das ehemalige Schulhaus anlegte, isteine wilde Welt. Werkstatt und Rückzugsort zugleich. Wilder Wein klettert über eine abgestorbene Weide und beschattet den Sitzplatz. „So spart man sich den Sonnenschirm,“ sagt Föttinger. Daneben, in einem Dickicht aus Farn, mutiert das alte Gestänge einer Egge zum Flugplatz für allerlei bunte Vögel.

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Ein besonderer Rosengruß:Zwischendenblauen Fensterläden drängelt sich eine
Kletterrose ins Bild.

Die Ideen für seine Gartendekorationen kommen von selbst. „Ich hab’ einen Schrotthaufen, und den schau ich mir so lange an, bis mir was einfällt,“ grinst er. Und in der Tat. Ganz hinten im Garten, dort, wo der Zaun an den neuen Obernseeser Festplatz angrenzt, ist die Ideenschmiede. Ein überdachter Platz mit Amboss und Hammer und Esse. Und dazwischen, darüber, daneben, überall: Eisen. Mehr oder weniger verrostet, mehr oder weniger erhalten. Pflugscharen, Sitze, Räder, Stangen. Viele Leute bringen ihm Sachen vorbei, die sie nicht mehr gebrauchen können. Und Föttinger betrachtet diese Erinnerungen an Landwirtschaft von damals mit völlig neuen Augen und gibt ihnen ein zweites, neues Leben. Für größere Schweißarbeiten holt er sich die Hilfe eines Schlossers.

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Hinter filigranen Skulpturen hängen die ersten grünen Tomaten, links, und Haselnussblätter
zieren das Eisengesicht

Vieles hat er sich aber auch selbst beigebracht. Vogelartige Wesen schweben über Grashalmen, hinter der Kapuzinerkresse schaut ein Kopf hervor und Neptun mit seiner dreizackigen Harpune wird von der „Schwarzäugigen Susanne“ bezirzt. Etwa zehn Jahre alt ist das Birnenspalier, das sich an der Südseite des Hauses entlangrankt. Daneben die Tomaten in Töpfen und auf der Eingangstreppe Duftpelargonien. „Ich arbeite gern in Stockwerken,“ sagt Föttinger. Üppig trägt die Birnenquitte, durch deren Äste man bis hinüber zur Dorfkirche sehen kann. „Jedes Jahr hat sie noch größere Früchte.“ Im Gravensteiner Apfelbaum hängt eine Vogelschaukel, gefertigt aus den Reifen eines ehemaligen Heuwagens. Und zwischen allem sitzt Fritz Föttinger. In sich ruhend. Und eins mit der Welt in seinem Garten. © Nordbayerischer Kurier

 

 

 

Seelenwalzer auf der Gartenschau

Fritz Föttinger stellt im Themengarten von Sabine Weber aus Gespräch mit der Bayreuther Sonntagszeitung.

Künstler Fritz Föttinger ist begeistert von der Landesgartenschau, die in jedem Fall eine Aufwertung für Bayreuth und die Region bedeutet. Der Stadtteil Hammerstadt bekommt in der Oberen Au einen herrlichen neuen Park. „Kunst und Park gehörten schon in früherer Zeit immer zusammen. Dies kann man zum Beispiel am Markgräflichen Park der Eremitage studieren, wo an den Wegen auch überall Skulpturen stehen. Der Adel schaffte so eine Verbindung von Natur, Kunst und Kultur“, so Föttinger. In ähnlichem Sinne, nur mit moderneren Formen der Skulpturen, sieht der Obernseeser Künstler auch seine Beteiligung am Landschaftsgartenprojekt von Sabine Weber. „Wir haben uns über die Kunst und meine Bilder kennengelernt und letztlich beschlossen, ein gemeinsames Projekt für die Landesgartenschau auf die Beine zu stellen“, erklärte Föttinger. Konkret will er im Garten „Seelenwalzer“ zwei große Figuren, die ein Liebespaar mit einer Pflanze in der Hand darstellen, aufstellen. „Die Pflanze schaut aus wie eine große Tulpenblüte. Die Figuren passen gut, zumal man für einen Seelenwalzer ja auch immer zwei Personen braucht.

Seelenwalzer auf der GartenschauEs ist quasi ein tanzendes Paar, was die Idee des Gartens unterstützt“, schmunzelte Föttinger. Die beiden Figuren sind wie viele Skulpturen von Fritz Föttinger aus dem Eisen historischer landwirtschaftlicher Geräte gefertigt und bekommen durch ihre rostige Farbe für den Betrachter einen besonderen, unverfälschlichen Reiz. Außerdem plant Föttinger, noch ein bis zwei weitere Kunstwerke mit auszustellen. In jedem Fall soll eine Vogelgruppe den Weg in den Themengarten von Sabine Weber finden, die quasi mit den Grashalmen eine Harmonie eingehen. Die Arbeiten für die Vogelgruppe liegen gerade in den letzten Zügen, ließ der Künstler wissen. Der Themengarten „Seelenwalzer“ wird bis zum Baustellenfest der Landesgartenschau am 20. September fertiggestellt sein.

Bis zur offiziellen Eröffnung der Schau am 22. April 2016 wird der Garten dann ausreichend an- und zugewachsen sein, um sein beabsichtigtes Flair verbreiten zu können. Nach Abschluss der Landesgartenschau werden die von Mitgliedern des Berufsverbandes Garten- und Landschaftsbau entworfenen Themengärten wieder abgebaut. rs BAYREUTH. Die Vorbereitungen und Vorarbeiten für die Landesgartenschau 2016 in Bayreuth sind voll im Gange. Unter anderem entstehen auf dem Gelände im Wilhelminenpark auch sieben Muster- und Themengärten. Einer davon ist der Garten „Seelenwalzer“ der Landschaftsgärtnerei „Gartenschmiede“ von Sabine Weber aus Schanz bei Eckersdorf. Als Besonderheit wird der Mustergarten mit Kunstwerken des überregional bekannten Künstlers Fritz Föttinger aus Obernsees ausgeschmückt.

200 Quadratmeter groß wird der Mustergarten „Seelenwalzer“. „Die Gestaltung wird sehr viel Ruhe ausstrahlen, es soll ein Rückzugsort entstehen, in dem man die Seele baumeln lassen und Kraft schöpfen kann. Außen herum wird eine 2,50 Meter hohe Hecke gepflanzt, damit sich der Betrachter voll auf den Garten konzentrieren und alles andere außen vor lassen kann. Gestaltende Elemente sind neben Birkenbäumen auch viele Pflanzen, die aber in ihren Blütenfarben keine starken Kontraste zeigen werden. Außerdem sollen Gräser im Wind spielen“, erläuterte Sabine Weber im Sabine Weber und Fritz Föttinger mit der „Tanzpaar-Skulptur“, die demnächst ihre Heimat im Themengarten „Seelenwalzer“ auf der Landesgartenschau finden wird.
Foto: Roland Schmidt

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